Die Krankheit mit 1000 Gesichtern – so wird die Multiple Sklerose (kurz: MS) auch genannt. Warum? Die chronische Erkrankung verläuft von Mensch zu Mensch unterschiedlich und kann damit unterschiedliche Symptome annehmen. Passend zum Welt-MS Tag am 30. Mai möchten wir einen kurzen Überblick zur Multiplen Sklerose geben und einen kleinen Einblick von MS-Betroffenen teilen.
MS ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems (ZNS), die das Gehirn und das Rückenmark umfasst. Für die Verarbeitung und Weiterleitung äußerer Reize, sind in unserem Körper die Nerven zuständig. Sie geben wichtige Informationen weiter, damit unser Körper entsprechend reagieren kann, z.B. durch eine Bewegung. Damit die Nervenstrukturen geschützt werden, sind die Nerven von einem isolierenden Material umgeben. Dieses Material nennt sich Myelin und wird in regelmäßigen Abständen von sogenannten Schnürringen unterbrochen. Um den Reiz vom Startpunkt zum Ziel zu senden, springt der elektrische Impuls von einem Schnürring zum Nächsten, um schnellstmöglich voran zu kommen und die Botschaft zum Ziel zu bringen. Bei Menschen mit Multipler Sklerose wird das Myelin durch Entzündungen geschädigt. Ohne die schützende Isolierschichte können die Nerven angegriffen oder sogar zerstört werden – die Reizübertragung wird gestört und Bewegungen können beispielsweise nicht ausgeführt werden (1).
Schätzungen zufolge leben weltweit ca. 2,8 Millionen Menschen mit MS. Jährlich wird bei mehr als 15.000 Menschen MS neu diagnostiziert. Frauen sind sogar doppelt so häufig betroffen, wie Männer (2). Die Multiple Sklerose tritt häufig im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf (3).
Woran kann ich MS erkennen?
Wie das Wort „Multiple“ schon sagt, sind die Symptome der Erkrankung vielfältig und prägen sich von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich aus. Je nachdem welche Nervenstrukturen von den Entzündungen betroffen sind, sind auch unterschiedliche Körperteile oder Funktionen betroffen. Zu Beginn einer MS-Erkrankung treten häufig motorische Störungen auf – das können zum Beispiel Lähmungen oder Sehstörungen sein. Auch Gefühlsstörungen der Haut wie zum Beispiel in Form von Kribbeln oder Taubheitsgefühl können auftreten. Die ersten Symptome können sich anfangs aber auch wieder zurückbilden. Wichtig ist nur, dass der Arzt darüber Bescheid weiß und verschiedene Therapiemöglichkeiten rechtzeitig in die Wege geleitet werden können. Der „richtige“ Facharzt ist hier ein Neurologe. Es gibt auch sogenannte Schwerpunktpraxen, die einen Fokus auf die Erkrankung Multiple Sklerose legen.
Multiple Sklerose ist zwar nicht heilbar aber dank moderner Therapien sehr gut behandelbar. Daher ist das Vorurteil, Multiple Sklerose führt zwangsläufig zum Rollstuhl, genau das – nur ein Vorurteil, was nicht mehr richtig ist. Je nach Schwere des Krankheitsverlaufs kann die MS mal mehr oder mal weniger stark in den Alltag der Betroffenen eingreifen. Auch für Angehörige und Freunde von MS-Betroffenen kann eine solche Diagnose nicht leicht sein zu verarbeiten. Dennoch können sie eine große Stütze bei der Bewältigung des Alltag sein. Lebt man mit der Erkrankung Multiple Sklerose, sowohl als Betroffener selbst als auch als Angehöriger, ist eins vor allem wichtig: Positiv bleiben! Leichter gesagt als getan, das wissen wir 😉 Aber es gibt viele hilfreiche Foren und Angebote wo man unterstützt wird und Gleichgesinnte treffen kann. Häufig kann schon helfen zu wissen, dass man nicht allein ist, um eine Herausforderung anzunehmen und leichter bewältigen zu können.
1 https://www.dmsg.de/multiple-sklerose/ms-verstehen
2 https://www.dmsg.de/multiple-sklerose/was-ist-ms
Interview mit einer MS-Patientin
Anlässlich des diesjährigen Welt-MS-Tages am 30. Mai, haben wir mit einer Betroffenen gesprochen. Und auch in diesem Interview stellen wir wieder fest: eine positive Einstellung bei Patientinnen und Patienten, sowie Aufklärung bei Menschen ohne Bezug zu der Krankheit, ist sehr wichtig.
Wie alt warst du, als du die Diagnose Multiple Sklerose bekommen hast? Was schoss dir als erstes durch den Kopf?
Ich war 32 Jahre alt als ich die Diagnose Multiple Sklerose erhalten habe.
Als der Arzt mir die Diagnose mitgeteilt hat, war ich natürlich zuerst einmal sehr erschrocken. Ich wusste nicht was auf mich zukommt und hatte diese Angst vor dem Unbekannten. Im Lauf der Zeit bin ich dann auch immer wieder mit Vorurteilen zu der Krankheit in Kontakt gekommen, zum Beispiel, dass bei einem schlechten Verlauf die MS im Rollstuhl endet.
Wie hast du es deiner Familie gesagt? Kannst du uns ein paar Reaktionen beschreiben? Wie hast du dich dabei gefühlt?
Ich habe es meinem Mann erzählt, der auch zunächst erschrocken war. Vor allem weil wir eine 2-jährige Tochter hatten und auch gerade in der Planung mit dem zweiten Kind waren.
“Was kommt auf uns zu?”, das war die Frage, die wir uns häufig gestellt haben.
Wie wird deine Multiple Sklerose behandelt? Wie lange machst du diese Therapie schon?
Mein erster Schub war eine Optikusneuritis. Die typische Optikusneuritis ist eine akute, schwere Sehstörung (ohne wegweisenden Augenbefund). Es handelt sich dabei um eine gegen den Sehnerv gerichtete Autoimmunreaktion und der Sehnerv dient in dieser Situation als Fenster zum Gehirn. Meine Optikusneuritis wurde mit Cortison-Infusionen stationär behandelt. Ein Jahr später wiederholte sich das Ganze noch einmal. Ich mache seitdem jedes Jahr ein MRT um das Fortschreiten der Erkrankung im Augen zu behalten. Mittlerweile habe ich circa 20 kleine Herde, die ich aber selber nicht gemerkt habe. Ich war von Anfang an in einer MS zertifizierten Praxis und fühle mich dort sehr gut aufgehoben.
Schränkt die MS dich in deinem Alltag ein?
Am Abend habe ich Schmerzen oder verspüre ein Kribbeln im Unterschenkel. Außerdem verspüre ich auch Müdigkeit, aber ich würde sagen, im Großen und Ganzen habe ich nur eine geringe Einschränkung im Alltag.
Bald steht die Sommersaison an und viele Menschen fahren wieder in Urlaub. Nimmst du bei deiner Urlaubsplanung Rücksicht auf die MS?
Ja, ich achte darauf, dass ich keine exzessiven Sonnenbäder nehme und auch keinen Extremsport ausübe. Sonst habe ich keinerlei Einschränkung, aber ich höre auf meinen Körper und trete gegebenenfalls dann auch kürzer.
Was möchtest du Menschen mit MS oder deren Angehörigen mit auf den Weg geben?
Lebt MIT der MS aber lasst sie nicht euer Leben bestimmen! Sie gehört ab jetzt zwar leider zu eurem Leben, aber informiert euch über die verschiedenen Hilfsangebote und Therapiemöglichkeiten. Vielleicht ist ja wirklich das ein oder andere dabei, was ihr gut annehmen könnt und mit dem ihr euren Alltag so weit es geht ohne Einschränkungen erleben könnt. Die schlimmen Verläufe sind zum Glück selten.
Was würdest du Menschen, ohne direkten Bezug zu der Erkrankung, gerne sagen?
Die Erkrankung hat wirklich 1000 Gesichter, von motorischen Ausfällen bis zu kognitiven Schwierigkeiten, Blasenentleerungsstörungen, Müdigkeit und vieles mehr. Jeder Tag kann anders sein. Oft merkt mein Umfeld gar nichts von der Erkrankung und doch ist die MS ständig da. Es ist schwierig dafür Verständnis zu fordern und gleichzeitig aber die volle Anerkennung im beruflichen Alltag bekommen zu wollen. Es wäre toll, wenn Menschen, die die Erkrankung nicht kennen, durch die Öffentlichkeit mehr aufgeklärt werden.
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